Nachwuchs!!

Jamira, 22.9.2004

Hola Chicos, hier ist Jamira. Endlich darf ich wieder mal etwas schreiben. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Euch gleich von unserem Familienzuwachs berichten. Einige unter Euch haben es bestimmt schon aus diversen Quellen erfahren, wie immer. Aber da die kritischen Wochen jetzt vorüber sind, darf ich nun die Neuigkeit per Internet in die Welt posaunen: Mark und Benita haben einen Piolino!!! Nach knapp neun Monaten hier in Suedamerika freuen sich die Beiden über einen kerngesunden Schwergewichtler: Wir feiern heute die Wiedergeburt unseres gelbgetönten VW-Buses, nachdem wir fast alles an ihm ersetzt, geflickt oder befestigt haben. Jetzt düst er so richtig zufrieden (und mit 4 Zylindern!) über die höchsten Pässe der Welt und hat bis anhin sogar 27 Fahrzeuge überholen können. Auch der Namenwechsel gehörte mit zu den Verbesserungsmassnahmen. Ein Freund gab uns den Tip: Casimir bedeutet auf Tschechisch „jemand, der Unglück bringt“. Wie wahr! Endlich hatten wir den Grund für all die nicht enden wollenden Probleme mit dem Bus gefunden. Eine Erfahrung reicher, haben wir jetzt einen passenderen Namen ausgewählt: Piolino, die spanische Variante des listigen und schnellen Tweety.

Mit den neuen Ersatzteilen und nach einer problemfreien kleinen Probefahrt im Norden von Chile wagten wir uns an den Innenausbau von Piolino heran. Bett und Küche durften auf keinen Fall fehlen, aber auch ein Tisch, zwei Stühle, Stauraum und eine Werkstatt standen auf dem Plan. Jeder hatte so seine Vorstellungen, aber keine davon war wirklich umsetzbar. Mark und Benita versuchten immer wieder vergeblich den zur Verfügung stehenden Platz mit unseren Wünschen und einem Messband in Einklang zu bringen. Piolino war davon jedoch nicht so schnell zu überzeugen. Trotzig bewiess er uns, dass das alles eine Nummer zu gross für ihn sei. Knappe drei Stunden waren bereits vergangen und Benita war reif für die Klappsmühle. Ihre Haare standen in alle Richtungen, der Kopf glühte und ihre Vorschläge wurden immer einfallsloser. „Man kann ja auch keinen Elefanten in einen Kühlschrank versorgen. Es passt einfach nicht“, kapitulierte sie schliesschlich. Hätte es Marks Forscherherz nicht gegeben, der an diesem Punkt noch lange nicht aufgegeben wollte, besässen wir heute kein perfektes zu Hause. Auch das Herumsitzen und Knobeln, das Lösungen präsentieren und das kurz vor der Perfektion Alleswiederhinwerfen will geübt sein. Verschiedene Menschen, verschiedene Begabungen...

Hier die Lösung, die sich am Ende durchsetzte: Ein mobiler Gaskocher zuhinterst über dem Motor dient als Küche. Ersatzbenzin- und Reifen, Werkzeug, Gepäck, Gasbombe und sonstiger Krims-Krams steht in superstabilen Plastikgestellen auf dem Boden. Darauf befinden sich zwei Holztüren als rückenschonende Betten, die man auch aufeinanderlegen kann. Letzteres ermöglicht uns auf den Plastiggestellen zu sitzen und die verbleibende Holztür kann als Familientisch benutzt werden. Earl Grey und ich haben unsere Schlafplätze auf dem Amaturenbrett, etwas eng, dafür mit besster Sicht nach hinten und vorne. Was braucht ein Schutzengel noch mehr? Das Geniale an der ganzen Sache ist, dass wir keine einzige Schraube und keinen einzigen Nagel verwendet haben und den Umbau schlussendlich ohne Probleme auf dem Parkplatz eines Warenhauses innerhalb einer Stunde durchgeführt haben. Hmm, da staunt ihr! Sogar die Ikea würde dabei neidisch werden.

Nun konnte die grosse Reise mit Piolino beginnen. Wir waren uns zwar nicht so sicher, ob die zwei Holztüren auch wirklich das Gewicht von Mark und Benita tragen würden, aber darauf wollten wir es ankommen lassen. Nie werde ich unser erstes gemeinsames Nachtessen aus Piolinos Küche vergessen. Mit Blick über den Salar de Atacama gab es Spaghetti bis zum Platzen. Aber wen störte es schon, wenn wir ein bisschen zu viel assen, wir mussten uns ja nur noch in den wartenen Piolino schleppen. Für den Abwasch war am nächsten Tag noch genügend Zeit vorhanden. Mit bester Laune, begleitet von dem Knarren der neuen Betten, schliefen wir rundum zufrieden ein. Der erste Tag in unserem neuen zu Hause war geschafft.

Eure Jamira